1. Der Beruf
Der Aufgabenbereich der Originaltonmeister*innen umfasst die eigenverantwortliche Aufnahme der beim Film-Dreh entstehenden und für die Postproduktion benötigten Töne. Die einzelnen akustischen Elemente sind dabei so aufzunehmen, dass sie im Verlauf der Postproduktion sinnvoll (d.h. oft auch von einander getrennt) verwendet und weiter bearbeitet werden können. Das Hauptaugenmerk gilt dabei meist dem gesprochenen Dialog.
Es handelt sich bei der Tätigkeit um weitgehend zeit- und ortsgebundene Mitarbeit im Drehteam von inszenierten Spielfilmen, Serien sowie Dokumentar-, Industrie-, Kunst- oder Werbefilmen.
Die Bedingungen der Tonaufnahme bei Drehs sind maßgeblich durch die Bildgestaltung und das gefilmte Geschehen bestimmt, wobei die Mittel der Tonaufnahme im Bild nicht zu sehen und die Verfahren der Bildaufnahme im Ton nicht zu hören sein sollen.
Gleichwohl sind Originaltonmeister*innen bestrebt, einen zum Bild authentisch wirkenden Ton aufzuzeichnen. Dazu gestalten sie die akustischen Bedingungen am Drehort und bestimmen über die erforderlichen technischen Mittel.
Die Arbeit im Team erfordert Erfahrung, welche Kompromisse man im Spannungsfeld zwischen brauchbarem Originalton und flüssigem Drehablauf eingehen kann und welche nicht. Dabei bedenken Originaltonmeister*innen die Anforderungen von Bildschnitt und Sounddesign und stellen so sicher, dass ihr Material sinnvoll verwendet werden kann.
Sie sind mit den wesentlichen Faktoren der filmischen Gestaltung vertraut, was sie dazu befähigt, allenfalls die Regie auf Ton-Erfordernisse bei der Inszenierung hinzuweisen und Lösungen vorzuschlagen.
2. Aufgabenbereiche von Originaltonmeister:innen
2.1. in der Projektvorbereitung:
- studieren das Konzept bzw. Drehbuch, erkennen besondere Anforderungen an die Tonaufnahme, skizzieren Lösungen und angepasste Aufnahmeverfahren
- stimmen sich mit der Produktion und anderen Departements bezüglich besonderer Anforderungen ab
- benennen die Mitglieder des Originalton Teams und vertreten dessen Belange gegenüber der Produktion.
- wählen Geräte und Aufnahmeverfahren aus, beschaffen und testen das Aufnahmeequipment (meist aus Anmietung oder Eigenbesitz)
- kalkulieren Kosten und Preise; verhandeln mit der Produktion über möglichen finanziellen Aufwand.
- sind an der technischen Begehung der Drehorte beteiligt und beraten Regie und Produktion im Umgang mit erwartbaren Tonprobleme
- stimmen sich mit der Postproduktion über Workflows, technische Vorgaben, sowie spezielle gestalterischen Anforderungen ab
2.2. in der Drehphase:
- sind verantwortlich für die Aufnahme des Originaltons, wobei das Hauptaugenmerk meist dem gesprochenen Dialog gilt.
- bestimmen in Kenntnis des szenischen Geschehens und der geplanten Bildausschnitte über Mikrofonierung und Aufnahmeverfahren
- stellen sicher, dass die einzelnen akustischen Ereignisse im Verlauf der Postproduktion sinnvoll verwendet werden können
- stellen sicher, dass sie in den Informationsfluss zur bevorstehenden Inszenierung eingebunden sind und beraten bei Bedarf die Regie hinsichtlich der ton-relevanten Inszenierung; weisen gegebenenfalls auf Probleme bei der Verwendbarkeit des Originaltons hin, schlagen diesbezüglich Lösungen vor.
- erstellen während der Aufnahme eine meist provisorische Tonmischung für die Regie und andere Departements am Set sowie für den späteren Bildschnitt
- bezeichnen bei dualem Aufzeichnungssystem ihre Tondateien mittels Metadaten und dokumentieren ihre Aufnahmen in Form von Tonberichten
- dentifizieren Klangelemente, die während des Drehs abseits der Kameraaufnahme aufzunehmen sind (Nachsprecher, Off-Dialoge, Musik, drehortspezifische Atmosphären, Spezialgeräusche usw.)
- Führen als Head of Departement das Ton-Team am Set, bestehend aus Set-Tonmeister*in, mindestens einer Ersten Tonassistenz/Boom Operator, Zweiter Tonassistenz/Utility Sound Technician und gegebenenfalls Playback Operator*in.
- „verkabeln“ Darsteller*innen (bringen an deren Körper oder Kleidung versteckt getragene Miniaturmikrofone an) oder stimmen derartige Mikrofonierungen mit den ausführenden Tonassistent*innen oder Garderobenpersonal ab
- gewährleisten die Funktionsfähigkeit des Aufnahmeequipments, stellen die Synchronität von Bild- und Tonaufnahmegeräten sicher
- kommunizieren mit anderen Gewerken, damit adäquate akustische Aufnahmebedingungen am Filmset sichergestellt werden
- spielen gegebenenfalls Playback-Zuspielungen ein (bei häufigen und aufwändigen Playbacks erledigt das ein Playback Operator)
- haben Zugang zur Mustervorführung bzw zu web-basierten Mustern.
3. Voraussetzungen
- Fundiertes Wissen über technische und klangliche Gestaltungsmittel, insbesondere im Bereich Tonaufnahme.
- Kenntnisse der filmischen Gestaltung, der Bildmontage und des Sounddesigns
- Einwandfreie Hörfähigkeit, gutes akustisches Gedächtnis, Musikalität
- Fähigkeit zur Personalführung, Verantwortungsbereitschaft, Dispositionsfähigkeit, Entscheidungsvermögen.
- Psychische Belastbarkeit, Fähigkeit zu improvisieren
- Teamfähigkeit, soziale Kompetenz, Selbstbewusstsein und Verhandlungsgeschick, um sich innerhalb eines durchwegs bildorientierten Filmteams erfolgreich für die Belange des Originaltons einsetzen zu können.
- Körperliche Belastbarkeit,
- Wochenend- und Nachtarbeit, Überstunden und zum Einsatz an wechselnden Drehorten (andere Städte und Länder)
4. Anforderungen und Ausbildung
Es handelt sich um einen in Österreich nicht reglementierten Beruf der über verschiedene Ausbildungen erlernt werden kann.
Ein möglicher Weg zum Beruf führt über eine mehrjährige Berufspraxis (meist beginnend als Boom Operator am Filmset), oft unterstützt durch eine vorherige oder begleitende medientechnische Ausbildung. Staatlich anerkannt ist etwa das Tonmeister*innen Studiuman der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst, wo im zweiten Studienteil auch eine Spezialisierung auf Filmton gewählt werden kann. Als Zugangsvoraussetzung gilt allerdings eine umfassende musikalische Vorbildung und das Ablegen einer Aufnahmsprüfung.
Viele spezifische Fähigkeiten am Filmset können erst im Verlauf eines „Trainings on the Job“ erlernt werden, weshalb sich auch nach einer solchen Ausbildung eine Einstiegsphase als Tonassistent*in am Filmset empfiehlt.
Filmakademie Wien, Universität für Musik und darstellende Kunst
Institut für Elektroakustik, Universität für Musik u. darstellende Kunst in Wien
Fachhochschule St. Pölten, University of Applied Sciences
SAE – School for Audio Engineering, Wien