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Berufsvereinigung der Filmtonschaffenden Österreichs

DAS TONDEPARTMENT

IM ABLAUF DER FILMTON-HERSTELLUNG

Bernhard Bamberger, Wien 2020

An der Tonspur eines kommerziell hergestellten Filmes ist heute in der Regel eine ganze Reihe von Filmschaffenden beteiligt, angefangen vom Settonmeister, der zusammen mit seinen Assistenten während der Dreharbeiten den Originalton aufnimmt, bis hin zum Dolby-Consultant, der den technischen Transfer des fertig gemischten Mehrkanaltons vom Tonstudio zum Kopierwerk betreut. Dabei vergehen vom ersten Drehtag bis zur Endmischung meist mehrere Monate während dieser das Tonmaterial diverseste Transformationen erfährt.

Im Abspann eines Mainstream-Hollywoodfilmes finden sich gut und gerne zwanzig bis dreißig Positionen, die in irgendeiner Form am Ton mitgewirkt haben – die meisten davon freilich im Rahmen der Postproduktion. Europäische Departments sind in der Regel kleiner. Das liegt jedoch weniger am betriebenen Aufwand, als an den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen zwischen europäischer und amerikanischer Filmindustrie. Während in den USA ein einzelner Soundeditor oft nur einen eng abgegrenzten Teil der Tongestaltung betreut, übernimmt ein europäischer Editor meist wesentlich größere Aufgabengebiete. Es ist daher nicht unüblich, dass hierzulande oft nur eine Handvoll Filmtonschaffender das gesamte Sounddesign eines Filmes zu verantworten haben.

Das soll nicht darüber hinweg täuschen, dass der Arbeitsablauf der Filmtonherstellung hier wie dort der selbe ist. Dieser lässt sich, grob gesagt, in zwei Teile gliedern.

  • Die Produktionsphase – das ist im Wesentlichen der Dreh, während dessen der Originalton aufgenommen wird.
  • Die Postproduktionsphase – die natürlich bereits mit der Montage des Films beginnt, hauptsächlich aber während des Tonschnitts und der Mischung stattfindet.

Das folgende Schema zeigt die Berufsfelder auf, die im zeitlichen Ablauf am Filmton mitarbeiten. (Eine Vollbildansicht dieser Grafik steht rechts zum Öffnen bereit.)

Diagramm der Filmton Entstehung

Diagramm der Filmton Entstehung, © Filmton Austria 2020

Es ist unschwer zu erkennen, dass das Gros der am Filmton Beteiligten in der Postproduktion zu finden ist, hier vor allem im Sounddesign.

Was weiters ins Auge sticht ist die Tatsache, dass zwischen Originaltonaufnahme und Sounddesign die Montage (Bildschnitt ist im Grunde ein unzureichender Terminus) liegt – ein Umstand der eine direkte Kommunikation zwischen Sounddesigner*innen und O-Tonmeister*innen deutlich erschwert. Umso größere Bedeutung kommt professionellen Arbeitsabläufen zu, als auch der Rolle von Editor*in und Schnittassistenz. Die unter Kostendruck entstandene Praxis, die Schnittassistenz auszulagern oder gar abzuschaffen, führt in der Regel zu Komplikationen in der Tonpostproduktion und nicht selten verwandelt sich ein erhoffter Einsparungseffekt in Mehrkosten in der Fertigstellung.

Ebenso gut zu sehen ist, dass die Filmmusik zur selben Zeit entsteht, wie das Sounddesign, beginnend mit Abschluss der Montage. Dies ist nicht zwingend so. Wo sich die Möglichkeit bietet und je nach Vorliebe der Regie werden Komponist*innen manchmal auch schon im Zuge des Drehs und der Montage mit einbezogen. Dennoch entstehen in dieser Phase zumeist nur Layout Musiken, die im Rahmen der Postproduktion dann erst final ausgearbeitet, arrangiert, aufgenommen und gemischt werden. Die Musik entsteht so unabhängig vom restlichen Sounddesign und wird mit diesem vor der Mischung zusammen geführt. Auch hier sind also professionelle Arbeitsabläufe und eine gute Kommunikation nötig um Abstimmungsschwierigkeiten zu vermeiden.

Die Mischung stellt den letzten Zeitabschnitt dar, während dessen der Filmton künstlerisch bearbeitet wird – technisch finden auch danach noch Transformationen statt. Das Sounddesign am Schnittplatz endet in der Regel mit Beginn der Mischung. Das Sounddesign selbst ist jedoch nicht abgeschlossen, bevor diese nicht vollendet ist. Aus diesem Grund sind Sounddesigner*innen während der Mischung die wichtigsten Kollaborateure der Mischtonmeister*innen, während es eher selten vorkommt, dass die Regie in jeder Phase der Mischung anwesend ist. Auch das ist natürlich von Person zu Person und von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Hauptakteur während der Mischung sind jedenfalls die Mischtonmeister*innen, deren Arbeit darin besteht, die unzähligen Tonspuren auf denen das Sounddesign vorbereitet wurde in eine Form zu bringen, die den technischen Erfordernissen des Filmformats und den künstlerischen Erfordernissen der Filmerzählung entspricht. Dass dies spätestens im Finale der Mischung in enger Abstimmung und unter der Führung der Regie zu erfolgen hat, versteht sich von selbst, wenn auch die Rollenaufteilung im amerikanischen Raum den Prduzent*innen mehr Gewicht verleiht.

Zum besseren Verständnis hier noch einige kurze Erläuterungen zu den einzelnen Arbeitsschritten. Details dazu erfahren Sie auch bei den Berufsbildern.

Originalton

Damit wird der Ton bezeichnet, der während des Drehens einer Szene direkt am Set aufgenommen wird. Besondere Bedeutung kommt dabei der gesprochenen Sprache der Darsteller*innen zu, während andere akustische Ereignisse oftmals unterdrückt und separat aufgenommen werden müssen. Der Grund dafür liegt im Montagecharakter der Filmerzählung und dem damit verbundenen Erfordernis einen zeitlich und räumlich konsistenten Handlungsablauf zu gewährleisten.

Bis zur Einführung digitaler Postproduktionsprozesse (etwa Anfang der 90er Jahre) bestand ein Großteil des im Schnitt verarbeiteten Tonmaterials aus Originalton. Heute ist dieser Anteil rein mengenmäßig auf einige wenige Prozente gesunken, jedoch ist seine Bedeutung als Träger der Stimmen von Protagonist*innen unverändert groß. Schwieriger werdende Aufnahmebedingungen, an lauten oder ungeeigneten Originalschauplätzen etwa, stellen somit oft große Herausforderungen dar, welche oft erst durch aufwändige Restaurierungsarbeiten im Tonschnitt gemeistert werden können.

Am Originalton sind somit gleich mehrere Personen beteiligt.

  • Während des Drehens sind das O-Tonmeister*in und ein oder zwei Boom Operateur*innen, im deutschsprachigen Raum auch gern Tonangler genannt.
  • Während des Bildschnitts zuerst die Schnittasistenz, welche den Ton synchron zum Bild anzulegen hat und in Folge der / die Editor*in, welche durch Auswahl und Montage der Takes bereits entschiedenden Einfluss auf den später zu hörenden Originalton nimmt.
  • Während der ersten Phase des Sounddesigns der / die Dialogeditor*in, welche den aus dem Bildschnitt übertragenen O-Ton selektiert, restauriert und in einem meist aufwändigen Verfahren Sprachanteile von anderen akustischen Ereignissen trennt. Letztere werden zur Basis der weiteren Gestaltung von Toneffekten und sind daher auch noch in fremdsprachigen Synchronfassungen enthalten.
  • Während der Mischung legt der / die Mischtonmeister*in größten Wert auf die Verständlichkeit und die richtige akustische Einbettung der Sprache in die Filmerzählung, weshalb die O-Ton- bzw. Dialogmischung meist an vorderster Stelle des Arbeitsprozesses steht.

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Sounddesign

kann als generalisierender Begriff eingesetzt werden, der alle Arbeiten zusammenfasst, die zur Tongestaltung eines Films beitragen.In der Regel meint man damit aber jenen zentralen künstlerischen Prozess während der Postproduktion, in dem durch Selektion und Montage ein klangästhetisches Konzept umgesetzt wird, das den Film in entscheidender Weise prägt.

Der Begriff hat sich im deutschsprachigen Raum, so wie generell in Europa, durchgesetzt, während in England oder Amerika meist vom Soundeditor gesprochen wird. Die Gründe dafür sind eher historischer Natur, als grundsätzlicher. Jedenfalls wird das Sounddesign von einer Person geleitet, die sozusagen „head of the heard“ ist. Ihr arbeiten sämtliche anderen Abteilungen während des Tonschnitts zu und ihr obliegt es zumeist, deren Arbeit zu koordinieren.

Sie ist eine enge Mitarbeiterin der Regie und trägt neben dieser die zentrale künstlerische Verantwortung für die Gestaltung der Filmtonebene. Ihre Aufgabe besteht darin, ein tonästhetisches Gesamtkonzept zu entwerfen, das den künstlerischen, erzählerischen Anforderungen des Films ebenso entspricht, wie seinen technischen Rahmenbedingungen. Enge Kollaborateure sind zudem Mischtonmeister*innen und Komponist*innen, deren Einwirken auf die Tongestaltung von gleicher Bedeutung ist.

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Dialogschnitt

Diese Bezeichnung ist etwas irreführend, wie auch der oft verwendete Terminus Originaltonschnitt nicht die ganze Wahrheit abbildet. Zu den Aufgaben dieser Position gehört nämlich nicht nur die Trennung des Originaltons in Sprachanteile und Geräusche, sondern oft auch die Vorbereitung, Durchführung und der Schnitt der Sprachsynchronisation. Ziel ist es einen möglichst sauberen Dialogton zu schaffen, der frei von Störgeräuschen ist und den Charakter und die Intentionen der Protagonisten bestmöglichst zum Ausdruck bringt. Von einem eher „technischen“ Arbeitsschritt zu sprechen, wie es (vor allem in Gehaltsverhandlungen) manchmal vorkommt, ist daher ein schwerwiegenden Missverständnis. Nichts an der Tonspur eines Films der sich um handelnde Charaktere dreht, hat eine ähnlich große Bedeutung, wie deren stimmlicher Ausdruck!

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ADR

ADR steht für Additional Dialog Recording, eine Bezeichnung für Sprachsynchronisation die sich inzwischen auch international durchgesetzt hat. Diese Position muss besetzt werden, wenn zumindest der Synchronschnitt nicht von der Dialogeditor*in selbst durchgeführt wird. Sinnvollerweise ist der oder die ADR Editor*in dann jedoch auch bei den Aufnahmen im Studio dabei, um schon da beurteilen zu können, ob ein Take die synchrontechnischen und performativen Voraussetzungen erfüllt. Im Endergebnis soll es schließlich keinen hör- oder sichtbaren Bruach zwischen Originalton und Nachsynchronisation geben, wofür einerseits eine perfekte akustische Anpassung in der Endmischung notwendig ist, andererseits aber auch Ausgangsmaterial, mit dem sich dies bewerkstelligen lässt.

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SFX

SFX steht ganz allgemein für sound effects, wobei der Prozess des SFX Schnitts grob in zwei Bereiche getrennt werden kann.

  • Die Montage der Toneffekte, womit grob gesagt alle akustischen Ereignisse gemeint sind, die sich aus Handlungen von Figuren oder Objekten im Bild ableiten lassen.
  • Die Montage oder besser gesagt das akustische Design sogenannter Atmosphären, womit sämtliche Umgebungsgeräusche gemeintsind, in welche eine Handlung eingebettet ist.

Alltägliche Beispiele für Toneffekte wären etwa Geräusche von Türen, Autos, Telefonen, Lichtschaltern und all die unzähligen Handlungsobjekte eines Films. Spezielle Toneffekte wiederum sind Schläge, Schüsse, Waffen, Explosionen und andere Geräusche, die so am Filmset natürlich nicht entstehen. All diese erhalten erst durch die Arbeit der Sfx-Editor*innen, ergänzt durch jene der Foley-Abteilung, ihren besonderen Charakter und ihre Materialität.

Die Gestaltung der Atmosphären (engl. ambience) zielt darauf ab, Ort, Zeit und Kontinuität des Filmgeschehens zu definieren und trägt, wie der Name schon sagt, wesentlich zur „Atmosphäre“ von Szenen bei. Auch, oder gerade weil diese akustische Ebene ihre Wirkung meist nur im Verborgenen entfaltet, kommt ihr große Bedeutung zu, kann damit doch ganz wesentlich auf die emotionale Wirkung einer Szene Einfluss genommen werden.

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Foleys

Jack Foley war ein früh zu Berühmthiet gelangter Geräuschemacher, dem diese Kunst heute ihren Namen verdankt. Ausgeübt wird sie auch im Zeitalter digitaler Klangerzeugung von realen Menschen, welche im Aufnahmestudio die sogenannten Synchrongeräusche erzeugen. Damit sind jene meist alltäglichen Geräusche gemeint, welche von den Protagonisten ausgehen, beispielsweise Schritte, Kleidungsgeräusche, das Hantieren mit Objekten usw. Sind diese von Sprache überlagert, würden sie in jener Tonfassung fehlen, die für fremdsprachige Synchronisationen hergestellt wird, der sogenannten IT- (International Tape) oder M&E- (Music & Effects) Mischung und müssen daher ersetzt werden. Foley Artists veredeln mit ihrer Arbeit jedoch auch ohnehin vorhandene, aber oft nicht den Hörerwartungen entsprechende, Geräusche und damit die Abstimmung zwischen SFX und Foleys perfekt gelingt sollte in der Aufnahmeregie neben dem / der Synchrontonmeister*in stets auch schon der / die Foley-Editor*in anwesend sein. 

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Musik

Auch wenn manchmal bereits vorher Layouts vorhanden sind, entsteht die Filmmusik in der Regel nach Beendigung des Bildschnitts (picture lock), weil erst dann Länge, Rythmus und Tempo des Films und einzelner Szenen fest stehen. Für Sounddesigner*innen und Komponist*innen heißt das, dass sie zur selben Zeit am Film arbeiten, das Material der jeweils anderen Seite aber nicht oder nur auszugsweise kennen. Es bedarf hier also guter Abstimmung der Arbeitsabläufe und einer guten Kommunikation, was aufgrund der räumlichen Trennung oft nur schwer zu erreichen ist.

Ob ein Komponist alleine oder mit anderen Musikern zusammen arbeitet, ob in einem Studio aufgenommen wird oder die Musik am Synthesizer entsteht, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Am Ende ist es jedoch ein/e speziell mit der Musik betreute/r Editor*in, welche die fertig angelieferte Musik in die zur Mischung vorbereitete Schnittsequenz einfügt und falls notwendig auch noch kleinere Adaptionen durchführt. In der Mischung selbst kommt der Musik eine der Sprache ähnliche Bedeutung zu und nicht selten sind Komponist*innen deshalb in dieser Phase dabei.

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